Nach 15-jähriger Lehrtätigkeit „Werken Textil“, zunächst an der KPH Graz, dann an der PPH Augustinum sowie an der Praxisvolksschule PPH Augustinum, verabschiedete sich Christine Guttmann im Juni 2025 mit einer an Ästhetik und Sinnlichkeit kaum überbietbaren Ausstellung in der Galerie PLÜ23. So hip, so kritisch, so berührend kann Textilkunst sein!
Aus diesem Anlass gestaltete PPH Augustinum Professorin Franziska Pirstinger das folgende Porträt über ihre langjährige (Künstler-)Kollegin Christine Guttmann.
„Neuland“ bezieht sich in erster Linie auf die Beendigung ihres Dienstverhältnisses und den daraus entstehenden „Möglichkeitsräumen“. Neuland betrat Christine Guttmann aber auch mit jedem künstlerischen Projekt, das sie für die Studierenden exklusiv und multiperspektivisch für die Werkstattwochen der PPH Augustinum erarbeitete. Grundlage dieser enormen Kompetenz liegt in ihrer eigenen künstlerischen Praxis, die sie in all den Jahren kontinuierlich erweiterte. Ihre Kleinobjekte bezeichnet sie als „Textile Spuren“. Diese Arbeiten basieren auf persönlichen Erzählungen, die ihr in Gesprächen anvertraut wurden.
Das Textile, bei der Vernissage von Laudator Peter Angerer als „Urkunst“ bezeichnet, wurde Christine Guttmann in die Wiege gelegt. Bereits mit 4 Jahren wollte sie wie „Annatant“, Schneiderin werden. Ein Bilderbuch, geschrieben und verlegt von Christine Guttmann, erzählt von einer außergewöhnlichen Leidenschaft. Nach der Modeschule Villach besuchte sie die Meisterschule für Mode am Ortweinplatz in Graz und absolvierte die Meisterprüfung für Damenkleidermacherinnen. Danach arbeitete sie 9 Jahre als freie Modedesignerin. Als Spätberufene studierte sie mit 33 Jahren an der damaligen Pädagogischen Akademie in Graz Eggenberg. Danach war sie, vielfach ausgezeichnet, an steirischen Volks- Haupt- und Mittelschulen tätig, bevor sie 2010 an die KPH Graz und an die Praxisschule berufen wurde. Die „Schule der Künste“ wurde für sie ein Raum, sich mit dem didaktischen Ansatz „Künstlerische Kunstpädagogik“ auseinanderzusetzen und ihre eigene künstlerische Praxis zur Entfaltung zu bringen.
Christines Guttmanns „Handarbeiten“ zeigen ein Zusammenspiel von konzeptuellem Denken und handwerklicher Perfektion. Sie zeugen davon, dass Textilkunst Zeit, Muße, sowie handwerkliches Geschick, Fingerspitzengefühl und kritische Denkarbeit benötigt.
Franziska Pirstinger über ihre Kollegin: „Christine Guttmann hat die Hand in den Mittelpunkt ihres Unterrichts gerückt und das Handwerkliche geadelt. Die Hand steht für Sensibilität, Berührung und Gestaltung. In der Evolution des Menschen spielt die Hand eine herausragende Rolle. In Schule und Gesellschaft wird derzeit Kopfarbeit aufgewertet und die Möglichkeiten der Hände reduziert. Würden wir unseren Kindern, so wie Christine es vorlebte, mehr beibringen zu gestalten, würde sich das Gewaltpotential der Hände drastisch reduzieren.“
Kerstin Öttl, Leiterin der Praxisvolksschule PPH Augustinum, bringt Christine Guttmanns Wirken auf den Punkt: „Du warst für unseren textilen Werkunterricht an der Praxisvolksschule weit mehr als eine Lehrerin. Du warst Herz und Hand zugleich. Ob Nadel und Faden, Nähmaschine und Projektarbeit – du hast mit deinem unerschöpflichen Ideenreichtum bewiesen, dass „Werken“ nicht einfach ein Fach ist, sondern eine Haltung: gestalten wollen, mitdenken, anpacken.“
Im Namen aller Kolleg*innen resümiert Laudatorin Franziska Pirstinger: „Liebe Christine, dein Unterricht und deine Lehre waren war nie nur funktional – sie waren gestalterisch, lebendig, und manchmal auch ein bisschen rebellisch. So, wie du eben – nie mit Schablone, sondern immer mit Charakter.“
Bilderreigen: Peter Angerer
Website von Christine Guttmann: fiberART
Franziska Pirstinger