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Total digital? So fit sind steirische Studienanfänger*innen im Internet

Total digital? So fit sind steirische Studienanfänger*innen im Internet

Internet-Vorlesung statt Anwesenheitspflicht. E-Book statt dicker Wälzer. Virtueller Raum statt Hörsaal. Ein Studium an den neun steirischen Universitäten und Hochschulen ist mittlerweile ein Mix aus Online und Offline. Doch welche digitalen Kompetenzen haben Erstsemestrige überhaupt im Gepäck? Eine umfassende Bestandaufnahme liefert nun erstmals im deutschsprachigen Raum eine verlässliche Datenbasis. Auf diesem Fundament will die steirische Hochschulkonferenz aufbauen und sowohl Studierende als auch Lehrende fördern.

Ausgangslage
Als „Digital Natives“ kennen sie Handy, Internet und Computer wie ihre Westentasche. Doch wie umfangreich ist ihr Know-how tatsächlich? Was können die fünf Universitäten, zwei Fachhochschulen sowie zwei Pädagogischen Hochschulen in der Steiermark voraussetzen? Wie und in welchem Bereich sollen die Bildungseinrichtungen ihre Studierenden stärker unterstützen?

„Es gab zwar punktuelle Beobachtungen, aber es fehlte ein fundierter, aussagekräftiger Überblick“, schildert Martin Polaschek, Rektor der Universität Graz und aktuell Vorsitzender der Steirischen Hochschulkonferenz (SHK), die Ausgangslage. Eine gesicherte Datensammlung liegt jetzt erstmalig vor. Polaschek: „Wir wissen nun, welche Kompetenzen die Studienanfänger*innen mitbringen und welche sie brauchen.“

KPH Graz Rektorin Andrea Seel: „Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass es unter den digital natives auch Studienanfänger*innen mit geringen digitalen Kompetenzen gibt. Für sie spezielle kompensatorische Angebote zu schaffen, ist ein Gebot der Stunde.“

Das Projekt wurde von Wissenschafts- und Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl unterstützt: „Digitale Kompetenzen werden immer stärker zu zentralen Schlüsselqualifikationen für einen erfolgreichen Bildungs- und Berufsweg. Der durch Corona forcierte Ausbau der Online-Lehre spielt dabei ebenso eine Rolle wie der stark steigende Bedarf in vielen Berufen. Die vorliegende wissenschaftlich fundierte Analyse liefert nun erstmals verlässliche Daten, die uns zeigen, wo es im Hochschulbereich anzusetzen gilt.“

„Die wissenschaftliche Auseinandersetzung im Hochschulsektor hat sich bisher hauptsächlich auf die Erforschung didaktischer Konzepte und Methoden für das Lehren und Lernen mit Technologien konzentriert. Der Kompetenzstand der Lernenden wurde kaum abgefragt“, bestätigt Michaela Stock, Professorin für Wirtschaftspädagogik und wissenschaftliche Leiterin der Studie. Umso mehr liefert die Befragung von insgesamt 4700 Erstsemestrigen im Herbst 2019 sowie ergänzende Tiefeninterviews mit höhersemestrigen Studierenden zur Situation während der Covid-19-Pandemie wertvolle Erkenntnisse.

Ergebnisse
Studienanfänger*innen sind elektronisch bestens ausgerüstet.

  • Fast alle 4700 Studienanfänger*innen (99,8 Prozent) besitzen ein Smartphone.
  • Mit der Ausnahme von 29 Befragten (das sind weniger als 1 Prozent) verfügt die Studienanfänger*innen zumindest über einen Laptop, PC oder ein Tablet.
  • Erwerbstätige Erstsemestrige sind in einem höheren Ausmaß digitalisiert.


Studienanfänger*innen nutzen digitale Angebote.

  • Knapp drei Viertel geben an, gute bis sehr gute Internetkenntnisse zu besitzen, wobei allerdings nach wie vor ein Gender-Gap zu beobachten ist: Während 80 Prozent der Studienanfänger diese Selbsteinschätzung haben, sind es bei den Studienanfängerinnen nur 67 Prozent.
  • Mehr als drei Viertel (77 Prozent) verwenden Lernplattformen wie Moodle.
  • Sechs von zehn Studienanfänger*innen (58 Prozent) haben Podcasts und Videos, etwa auf YouTube, für schulische oder berufliche Zwecke genutzt.
  • Beinahe alle (98 Prozent) sind mehrmals täglich online.
  • Studienanfänger*innen reflektieren ihr Verhalten kritisch: sieben von zehn möchten bewusst öfter offline sein.
  • Laut Selbsteinschätzung sind etwa zwei von drei (62 Prozent) mit den Copyright- und Datenschutzvorgaben vertraut.


Studienanfänger*innen beurteilen kombinierte (Präsenz und Online) Lehrveranstaltungen positiv.

  • Beinahe 94 Prozent aller Studienanfänger*innen findet es gut, wenn Lehrveranstaltungen sowohl Online- als auch Präsenz-Elemente beinhalten.

Höhersemestrige Studierende befürworten den Ausbau digitaler Angebote.

  • Fortgeschrittene Studierende wünschen sich laut einer ergänzenden Interviewstudie mehr Zugang zu E-Books, Journals und Programmlizenzen und begrüßen Videoaufzeichnungen von Lehrveranstaltungen.
  • Auch wenn der Arbeitsaufwand gestiegen ist, beurteilen die Studierenden die corona-bedingte Umstellung auf Online-Lehre mehrheitlich positiv.


Maßnahmen
Das Online-Studium hat schon vor der Pandemie Fahrt aufgenommen, zwei Corona-Semester haben das Tempo zusätzlich erhöht. Die Institutionen haben die Lehrveranstaltungen im Frühjahr 2020 rasch und digital umgestellt. „Wir haben bewiesen, dass sowohl Lehre als auch Forschung in Zeiten räumlicher Distanz gut funktionieren kann“, betont Rektor Polaschek. Auf diesen Erfahrungen aufbauend sollen die insgesamt 55.000 Studierenden bestmöglich unterstützt werden. Gedacht ist z.B. daran, Module zu digitalem Wissen im Studium zu verankern und Lehrenden beim Ausbau ihrer Kompetenzen zu begleiten. Bereits erfolgreiche Qualifizierungsangebote wie die gemeinsame Hochschulraum-Initiative „edidactics“, einem Fortbildungsprogramm zum Einsatz von Technologien in der Hochschullehre, sollen verstärkt werden.

Die Studie „Alle(s) digital im Studium?!“ wurde von der TELS-Gruppe, einem Zusammenschluss der neun steirischen Hochschulen im Bereich Technology Enhanced Learning, unter der wissenschaftlichen Leitung des Instituts für Wirtschaftspädagogik der Universität Graz durchgeführt. Die vollständige Studie ist öffentlich und kostenlos verfügbar: http://dx.doi.org/10.25364/978-3-903374-00-3

Titelbild:
Digitaler Wissens-Check steirischer Studienanfänger*innen: Studienleiterin Michaela Stock, Rektor Martin Polaschek und Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl (v. l.) präsentierten am 19. April 2021 eine im deutschsprachigen Raum einzigartige Kompetenzen-Analyse.
Foto: Uni Graz/Tzivanopoulos