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SOBI2019

Ökumenische Sommer.Bildung 2019
Kardinal Turkson fordert „Herzensbildung“ an Schulen

Christlich geprägte Bildung zielt darauf ab, den Menschen als Gottes Ebenbild zu sehen und durch „Gewissens- und Herzensbildung“ ein „Bild des Guten“ im Denken und Handeln entstehen zu lassen: Das hat der vatikanische Kurienkardinal Peter Turkson vor den katholischen und evangelischen Religionslehrer*innen der Steiermark dargelegt. Der aus Ghana stammende enge Mitarbeiter des Papstes hielt am 2. September 2019 im Grazer Augustinum, dem Bischöflichen Zentrum für Bildung und Berufung, den Eröffnungsvortrag zum dreitägigen Symposium über „Religionen in pluraler Gesellschaft". Insgesamt 850 Lehrer*innen aus allen Schultypen nahmen an der alljährlich stattfindenden „Ökumenischen Sommer.Bildung“ teil. Durchgeführt wurde die Veranstaltung vom Institut für Religionspädagogik & Interreligiösen Dialog der KPH Graz gemeinsam mit der Abteilung für evangelische Religionspädagogik an der KPH Wien/Krems.

Der Mensch sei auf Bilder angewiesen, um auf die beiden zentralen Fragen „Woher komme ich?“ und „Wohin gehe ich?“ Antwort zu finden, sagte Turkson, der im Vatikan das Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen leitet. In christlicher Tradition gehe es dabei vor allem um das Bild Gottes, der sich in Jesus Christus offenbart habe als liebenswert und menschenfreundlich. Diese Eigenschaften könne und solle auch der Mensch annehmen, wenn er sich um „gute Gesinnung und gutes Gewissen“ bemühe, erklärte der Kurienkardinal. Sich im Lebensalltag derart auszurichten und diese Haltung in die Tat umzusetzen, erfordere allerdings Anreize.

Solche Anreize u.a. durch „Leitbilder“ zu geben, sei nicht nur Aufgabe der Menschen im Bildungswesen, sondern auch von Staat und Wirtschaft, betonte Turkson weiter. Wichtig sei dabei aus christlicher Sicht ein Menschenbild, das entsprechend der Vorstellung des personalen Gottes auch dem Individuum stets Vorrang vor dem Kollektiv gebe und die Person wichtiger als die Gesellschaft erachte. „Jedem Unterjochen der Person durch einen liberalistischen oder ökonomischen Utilitarismus oder durch totalisierende Gesellschaftssysteme ist entschieden zu widersprechen und zu widerstehen“, mahnte der Kardinal.

Turkson rief auch zu einem vermehrten ethischen Nachdenken angesichts des technischen Fortschritts auf: Die Frage nach dem leitenden Menschenbild müsse immer am Anfang stehen, die von Mathematik und Technik bestimmten Detailfragen der Überlebensstrategie kämen erst später. Hier müsse auch christlich inspirierte und dem Christentum verpflichtete Politik ansetzen und solle zuerst nach dem ethisch Guten, dann erst nach dem technisch Richtigen fragen, betonte der Kurien-Präfekt, denn: „Technik ist nur richtig, wenn sie gut ist.“

Ökumene-Segen und „missio canonica“

Der Vortrag des Kardinals am Eröffnungstag der „Ökumenischen Sommer.Bildung 2019“ endete mit einem ökumenischen Segen, den der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer Matthias Weigold den Anwesenden spendete. Zuvor hatten am Vormittag in der Kirche im Augustinum die römisch-katholischen Religionslehrer*innen der Steiermark im Rahmen eines Gottesdienstes ihre kirchliche Beauftragung („missio canonica“) durch den Bischof erhalten.

Die Grazer „Sommer.Bildung“ findet seit mehr als 40 Jahren stets in der letzten Ferienwoche für die steirischen katholischen Religionslehrer*innen statt; seit dem Reformations-Gedenkjahr 2017 wird die Veranstaltung ökumenisch durchgeführt. Mit der diesjährigen Auflage unter dem Titel „Auftrag & Erneuerung: Religionen in pluraler Gesellschaft“ war eine noch größere Öffnung beabsichtigt, heißt es seitens der Organisatoren: Der gemeinsame Auftrag der Religionen zur Gestaltung von Bildung, Schule und Gesellschaft solle ebenso wie die interreligiöse Zusammenarbeit betont, der interreligiöse Dialog gefördert und auch die interreligiöse und interkulturelle Kompetenz gestärkt werden.

Deutlich wurde dieser Anspruch u.a. durch die Auswahl der Referent*innen der 28 Workshops, unter denen sich auch Vertreter*innen anderer Religionsgemeinschaften befinden, zudem soll das Gespräch mit Agnostikern gesucht werden.

Bilderreigen: Herbert Kohlmaier

Bericht: Kathpress, 03. September 2019